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DBSV/A. Peters

100-jähriges Jubiläum der Ausbildung von Blindenführhunden

Im Oktober 1916 wurde vom Deutschen Verein für Sanitätshunde erstmals ein systematisch ausgebildeter Blindenführhund, oft auch nur Blindenhund genannt, an den Kriegsblinden Paul Feyen übergeben. 100 Jahre später werden nach einer Schätzung des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) in Deutschland jährlich etwa 300 Blindenführhunde ausgebildet.

Im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums organisiert der DBSV eine Wanderausstellung rund um das Thema „Helfer auf vier Pfoten – 100 Jahre Blindenführhundausbildung in Deutschland“. Zudem erfolgt eine Publikation des Buches „Blindenführhunde – Kulturgeschichte einer Partnerschaft“ über die Geschichte der Zusammenarbeit von Mensch und Tier. Anlässlich des Ehrentages wird darüber hinaus vom 15. bis 18. September ein Treffen von Führhundhaltern aus ganz Deutschland in Berlin stattfinden.

Damals und heute – eine Geschichte der Ausbildung von Blindenhunden

Bereits im ersten Weltkrieg wurden Blindenhunde als Hilfsmittel für erblindete Soldaten eingesetzt. Mit einer steigenden Zahl an Blindenhunden für Zivilblinde begann die Neugründung von Schulen in der Schweiz, England und den USA zur systematischen und institutionellen Ausbildung von Blindenführhunden. Dies bildet den Grundstein für die weltweite Unterstützung von Blinden und Sehbehinderten durch die Führleistung von Hunden. Zu dieser Zeit wurden drakonische Dressurmaßnahmen herangezogen, um die Hunde beispielsweise mit Peitschenschlägen zum Gehorsam zu bringen. Heutzutage setzten Trainer auf das Prinzip der positiven Verstärkung. Hierbei werden die Lernschritte des Hundes sowie dessen Erfolgserlebnisse belohnt, sodass eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Tier entsteht. Eine hohe Fachkompetenz und die Geduld der Ausbilder ist für diese Lernmethode essenziell.

Meilensteine in der Geschichte der systematischen Blindenhundausbildung

Bereits im 18. Jahrhundert wurden die Bewohner des französischen Blindenheims Quinze-Vingts von Hunden durch die Stadt Paris geführt. In den darauffolgenden Jahren gab es viele weitere wichtige Vorreiter für die Blindenführhundausbildung, wie wir sie heute kennen:

  • 1780: Der erblindete Siebmacher Joseph Reisinger bildet seinen Hund selbst zum Führhund aus
  • 1847: Der Schweizer Jakob Birrer dokumentiert die Selbstausbildung seines Hundes
  • 1916: Gründung der ersten Blindenführhundschule der Welt in Oldenburg
  • 1916: Übergabe des ersten systematisch ausgebildeten Blindenhundes an den Kriegsblinden Paul Feyen
  • 1919: Versorgung von 539 Kriegsblinden mit Führhunden
  • 1923: Eröffnung einer Blindenführhundschule durch den Verein für Deutsche Schäferhunde in Potsdam
  • 1929: Eröffnung der ersten Blindenführhundschule in den USA
  • 1930: Gründung der Gesellschaft für Hundeforschung zur Steigerung der Leistung von Hunden
  • 1965: Veröffentlichung einer Studie über die Bedeutung der ersten 12 Lebenswochen für die Sozialkompetenz von Hunden durch John Scott und John Fuller
  • 1975: Durchführung eines ersten Kurses „Orientierung und Mobilität“ für Blinde in Marburg
  • Seit 1990: Etablierung des Zugangsrechts für Blindenhunde zu allen Bereichen des öffentlichen Lebens

Die Fähigkeiten eines Blindenhundes

Besonders Schäferhunde, Labrador Retriever sowie Golden Retriever eignen sich optimal für eine Ausbildung zum Blindenführhund, da sie wichtige Charaktereigenschaften, wie z.B. Intelligenz, Nervenstärke und Belastbarkeit, aufweisen. Nur so kann gewährleistet werden, dass eine enge Bindung zwischen Mensch und Tier aufgebaut wird. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist es für den Hund nach seiner erfolgreichen Ausbildung kein Problem, Hindernisse und Barrieren erkennen und umgehen zu können. Zudem suchen Blindenhunde auf Kommando nach Treppen, Lifts, Türen, Bänken, Haltestellen oder anderen wichtigen Elementen. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs leisten Blindenführhunde Hilfestellung in Bezug auf den Ein- oder Ausstieg von Verkehrsmitteln und gewähren darüber hinaus ein sicheres Überqueren von Zebrastreifen und Fußgängerampeln. Zwar werden die Hunde so ausgebildet, dass sie auf unterschiedlichste Hörzeichen ihres Halters reagieren, doch im Falle einer Gefahrensituation erkennt der Hund die Notwendigkeit einer Verweigerung der Anweisungen, um den Führhundhalter zu schützen. Dieser intelligente Ungehorsam ist für Hund und Halter überlebenswichtig.

Die Vorteile eines Blindenführhundes als Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte

Blindenführhunde bieten ihren blinden oder sehbehinderten Haltern eine erhöhte Mobilität und Unabhängigkeit in ihrem Alltag. Durch den Aufbau einer engen Bindung zwischen Mensch und Hund wird eine leichte und sichere Fortbewegung gewährleistet, sodass der Führhundhalter sein Alltagsleben flexibel gestalten kann. Zudem bieten Blindenhunde seelische Unterstützung und eröffnen oftmals ungeahnte Kommunikationsmöglichkeiten zwischen ihren Haltern und außenstehenden Personen. Die Begleitung durch den Sozialpartner Hund kann dazu verhelfen, Hemmungen im Umgang mit Mitmenschen zu mindern und sich ein selbstsicheres Erscheinungsbild anzueignen, was die Unsicherheit in Bezug auf die eigene Sehschädigung mindert.

Die  Unterstützung von Blindenhunden und deren Halter

Damit Blindenführhunde ihrer Arbeit konzentriert nachgehen können, sollten einige Verhaltensregeln im Umgang mit dem vierbeinigen Helfer von Blinden oder Sehbehinderten beachtet werden:

  • Vermeiden von Ablenkungen des Hundes durch Anstarren, Ansprechen, Streicheln oder Füttern
  • Verhindern von Sozialkontakten durch das Abhalten anderen Hunde von Blindenhund und Halter
  • Anbieten von Hilfe nie ohne Absprache mit dem Halter des Hundes, um Verunsicherung zu vermeiden
  • Gewähren eines barrierefreien Zutritts und Verständnis für Halter und Assistenzhund
  • Überlassen von ausreichend Freiraum in öffentlichen Verkehrsmitteln, um die Konzentration und Sicherheit des Hundes aufrecht zu erhalten
  • Hinweisen auf grüne Fußgängerampeln, da Blindenhunde Verkehrsampeln nicht lesen können
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