Schulische Inklusion

Selbstverständlich spielt Inklusion auch in der Bildungspolitik eine wichtige Rolle, spätestens seitdem Deutschland 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet und sich damit dazu verpflichtet hat ein inklusives Bildungssystem zu etablieren. Demnach haben Kinder mit Behinderung seither einen Rechtsanspruch am Unterricht in einer Regelschule teilnehmen zu dürfen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention stellt für Lehrer, Sonderpädagogen und Schulen eine große Herausforderung dar, sollte aber vor allem als Chance betrachtet werden. Viele Pädagogen praktizieren inklusive Maßnahmen schon seit Jahren, lange bevor der Begriff Inklusion im Bildungssystem populär wurde.

Das Ziel ist es, ein Schulsystem für alle Beteiligten zu errichten, das eine möglichst optimale Lösung bietet und einer Schule für alle Kinder, egal ob mit oder ohne Behinderung, gerecht werden kann. Inklusion und Schule werden auch in den nächsten Jahren ein großes und kontrovers diskutiertes bildungspolitisches Thema darstellen. Bis der Prozess zur Ablösung traditioneller Schulmodelle abgeschlossen sein wird liegt noch ein langer und vielerorts steiniger Weg vor Lehrern, Schülern, Eltern und Politikern.

Von Separation zur Inklusion - Was ist schulische Inklusion?

Kinder werden nicht mehr länger, so wie im heutigen Schulsystem, nach ihren Fähigkeiten aufgeteilt, sondern bilden unabhängig von ihrer schulischen Leistung und ihrem Lernpotenzial gemischte Klassen. Solche heterogenen Gruppen sollen vor allem von der Vielfalt und den unterschiedlichen Begabungen profitieren und die Schüler lernen, jeden Menschen auf seine Weise wertzuschätzen und als Teil der Gesellschaft zu akzeptieren. Durch Inklusion wird jeder Schüler so akzeptiert wie er ist, keiner wird als andersartig ausgeschlossen sondern gemäß seinen Stärken und Schwächen individuell gefördert und gefordert.

Wenn behinderte Schüler ausschließlich in sonderpädagogischen Einrichtungen zusammen mit anderen Behinderten unterrichtet und gefördert werden spricht man von Separation. In integrativen Schulformen werden Schüler ohne und mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusammen unterrichtet. Durch die Integration förderbedürftiger Kinder entsteht ein erhöhter Personalbedarf der dementsprechend durch mehr Fachkräfte gedeckt wird. Bei der Inklusion ist es selbstverständlich, dass Kinder mit und ohne Förderbedarf zusammen lernen und am Unterricht teilnehmen. Jedes Kind wird dabei individuell und seinen Bedürfnissen entsprechend gefördert.

Inklusion Schule – Entwicklung von inklusiven Bildungssystemen

Die Problematik geht laut der Theorie eines inklusiven Bildungssystems vom bestehenden Schulsystem aus, dass es behinderten Kindern verwehrt ihre Potenziale völlig freu zu entfalten. Die äußeren Einflüsse auf das Lernverhalten förderbedürftiger Kinder wurden früher jedoch immer außer Acht gelassen. Durch die Inklusion könnten förderbedürftige Kinder, die ansonsten auf Sonderschulen geschickt würden, gleichermaßen profitieren wie auch Kinder ohne Behinderung in sozialer Hinsicht.

Die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten und förderbedürftigen Kindern am Unterricht soll durch die Inklusion Schule für alle Kinder gemeinsam ermöglichen, ohne dass Kinder nach ihren Leistungen in homogenere Gruppen separiert werden. Es soll so für mehr Chancengleichheit gesorgt und gleichzeitig Diskriminierung entgegengewirkt werden. Aber wie müssen Schulen beschaffen sein und wie muss sich das Schulsystem anpassen um diesen Anforderungen gerecht zu werden? Gerade Schulische Inklusion in der Sekundarstufe gestaltet sich für viele Lehrer als besonders große Herausforderung.

Um auf die individuellen Bedürfnisse aller Schüler und Schülerinnen eingehen zu können, braucht es vor allem erst einmal mehr gut ausgebildetes Fachpersonal und mehr personelle Unterstützung für die Lehrer.

Inklusion und Schule - Neue Unterrichtsformen und Lehrmethoden

Inklusive Bildung bedeutet eine Abkehr vom klassischen Frontalunterricht. In inklusiven Klassen werden in erster Linie neuartige Lehrmethoden verwendet, die ein gemeinsames Lernen aller Kinder, egal ob mit oder ohne Förderbedarf, ermöglichen. Innovative Konzepte zur Unterrichtsgestaltung können beispielsweise verschiedene Formen von Projektarbeiten oder Gruppenaufgaben sein aber auch Themenkomplexe, die sich über mehrere Fächer erstrecken. Der Fokus liegt statt auf dem referierenden Lehrer hauptsächlich darauf, die Kinder zum eigenständigen und selbstständigen Lernen zu motivieren und den Unterricht lebendiger bzw. stärker auf eigene Handlungen orientiert zu gestalten. Auch die Interaktion zwischen den Schülern soll gefördert werden, sodass sie sich gegenseitig beim Lösen von Aufgaben unterstützen. Der Lehrer wird nun eher als „Lernbegleiter“ betrachtet, dessen Aufgabe es ist die Kompetenzen und Defizite jedes Schülers individuell zu erkennen, zu bewerten und zu fördern.

Praxisnahe Beispiele aus dem Unterricht einer inklusiven Gesamtschule (Klasse 5. bis 10.) finden Sie hier:

Inklusion ist möglich! (Höchst/Masyk, 2014)

Dieses Buch zeigt auf, wie schulische Inklusion in der Praxis umgesetzt wird und macht allen Lehrern an Regelschulen Mut die Herausforderung Inklusion anzunehmen


Inklusion an deutschen Schulen

In vielen Kindergärten und Tagesstätten wird die Inklusion schon seit Jahren tatkräftig in die Praxis umgesetzt. Die Umstellung des Schulsystems allerdings ist weitaus komplizierter, aufwendiger und noch lange nicht so weit fortgeschritten. Eines der größten Probleme bei der Umsetzung von Inklusion in die schulische Praxis ist es, dass Bildung Sache der Länder ist und von jedem Bundesland individuell geregelt wird. Zudem bedeutet Inklusion auch, dass der finanzielle Aufwand für Bildung steigt und es deshalb vielerorts noch daran scheitert, dass die Kassen leer sind.

Maßnahmen zur Inklusion an Schulen

Neben der Erhöhung des Personalbedarfs, also dem Einsatz zusätzlicher Lehrkräfte und Sonderpädagogen, erfordert die Inklusion auch eine enge Zusammenarbeit in Expertenteams, die gemeinsam Verantwortung übernehmen. Wichtig ist es, das die Pädagogen eine ganzheitliche, fächerübergreifende Förderung ermöglichen und eng mit Schülern und Eltern zusammenarbeiten. Bestenfalls sollten sie auch Erfahrung und Fachwissen im Umgang mit den verschiedenen Behinderungen der zu betreuenden Kinder mitbringen. Aus diesem Grund ist eine stetige Fortbildung und Weiterbildung für Lehrer unabdinglich.

Die Barrierefreiheit im und um das Schulgebäude ist eine weitere wichtige Voraussetzung für die schulische Inklusion. Der Unterricht muss so gestaltet sein, dass die barrierefreie Teilhabe ermöglicht wird, falls nötig auch Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Das erfordert gewissermaßen eine höhere Flexibilität in der Organisation, beispielsweise werden auch Einzelunterricht, Förderunterricht oder Blockunterricht notwendig, um einen besseren Lernerfolg zu garantieren. Längere Pausen, ein gemeinsames Morgenritual oder Mittagsessen im Klassenverband tragen außerdem dazu bei, dass Inklusion in der Praxis funktioniert.

Frühförderung von behinderten Kindern

Von Geburt an Beginnt der Lernprozess eines Menschen, wobei vor allem in den ersten Kindesjahren die größten Entwicklungssprünge stattfinden. Aus diesem Grund ist die frühkindliche Förderung ein essentieller Bestandteil der Inklusion behinderter Menschen. Ein Förderbedarf sollte so früh wie möglich erkannt werden und sich auf die gezielte Frühförderung des Nachwuchses konzentriert werden. Frühförderstellen helfen bei der Orientierung und bieten gezielte Maßnahmen zur frühkindlichen Förderung noch vor Schulbeginn an.