Lernbehinderung

Obwohl die Lernbehinderten die größte Gruppe der Sonderschüler sind, existiert bisher keine präzise Beschreibung dieses Personenkreises. Diese, in den 50er Jahren noch als Hilfsschüler bezeichneten Kinder und Jugendlichen, werden mit dem Etikett eines bereits vorhandenen, drohenden oder zu erwartenden Schulleistungsversagens versehen. Da jedoch die Lernvorgänge nicht erforscht oder beobachtet werden können, können Aussagen über ein Schulleistungsversagen nur anhand von Auswirkungen der Lernvorgänge in Form von Lernleistungen gemacht werden.

"Lernbehinderung ist also kein feststehendes, defizitäres Persönlichkeitsmerkmal, das dem Individuum unabhängig von schulischen Rahmenbedingungen und Leistungsanforderungen zukommt. Sie ist vielmehr eine schulorganisatorische, normabhängige und deswegen relative sowie relationale Bestimmungsgröße, die von Lehrer zu Lehrer, von Schule zu Schule, von Ort zu Ort und von Kultur zu Kultur variiert." (Eberwein, Nr. 6 1996/97 S. 5)

Lernbehinderung ist somit ein Begriff, der sehr unterschiedlich aufgefaßt wird. Der Versuch, den Intelligenzquotienten zur Abgrenzung dieser Behindertengruppe zu nutzen, ist daher noch weniger begründet als bei der Gruppe der Geistigbehinderten. Jedoch wird immer noch ein IQ von 60 bis 85 den Lernbehinderten zugeordnet. Es ist jedoch wissenschaftlich nicht mehr haltbar, Menschen nach ihrem IQ oder "ihrem Lernvermögen einzustufen, sie müssen vielmehr im Hinblick auf bestimmte Aufgaben und bestimmte Lernbedingungen beurteilt werden." (Eberwein, Nr. 6 1996/97 S. 4)

Kanter (1974) meint dazu sehr treffend:

"In seinem gewordenen Verständnis meint "lernbehindert" heute erhebliches und andauerndes Schulleistungsversagen teilweise sehr unterschiedlicher Ätiologie und Genese." (Kanter, 1974, S. 145)


Weiterführende Literaturempfehlung der behinderung.org Redaktion:

Interventionen bei Lernstörungen: Förderung, Training und Therapie in der Praxis

(Lauth/Grünke/Brunstein, 2014)

Kinder mit Lernbehinderung richtig fördern und fordern - Verschiedene Formen von Lernstörungen werden ebenso wie individuelle Intervention zur Förderung von Lernleistung praxisnah erklärt.