Was ist eine Verhaltensstörung?

Diese Art der Behinderung manifestiert sich, so wie bei den Lernbehinderten, vorrangig im Schulalter. Einige Schüler sind in ihrem Verhalten auffällig und stören den Unterricht. Sie müssen jedoch nicht verhaltensgestört sein.

Früher wurden Kinder mit Verhaltensstörungen noch "Schwererziehbare" genannt und sie wurden in Heimen und Anstalten betreut. Seit den siebziger Jahren existieren darüber andere Ansichten. Havers gibt für Verhaltensstörungen folgende Definition:

"Unter einer Verhaltensstörung versteht man eine Regelübertretung, die vom Handelnden selbst oder von jemandem, der sich ihm gegenüber in einer Machtposition befindet, als störend und unangemessen beurteilt wird." (Havers, 1978, S. 24)

Hensle unterscheidet, unter Berufung auf Havers, vier Gruppen von Verhaltensstörungen:

  1. "Verhaltensstörungen aggressiver Art" oder "Aggressivität". Dazu gehört eine überdurchschnittliche Häufigkeit von körperlichen und verbalen Aggressionen, außerdem Streiten, Frechheiten, Stören des Unterrichts, Ungehorsam, Zerstören von Gegenständen, Lärmen, Wutanfälle und Herumkommandieren anderer Kinder.
  2. Ebenso häufig findet man die >Verhaltensstörungen gehemmter Art= ("gehemmtes Verhalten"): Sich-Zurückziehen, überempfindliche Reaktionen, Äußerungen von Angst und Minderwertigkeitsgefühle, häufiges Weinen.
  3. Die folgende Gruppe bildet "Verhaltensweisen, die für das Alter des Kindes als unangemessen gelten" ("unreifes Verhalten"); auf einer tieferen Altersstufe würden sie zum normalen Verhaltensinventar des Kindes gezählt werden. Beispiele sind Unaufmerksamkeit, Träumen, Passivität (bei Auseinandersetzungen), Masturbation, Kichern und Spielen während des Unterrichts.
  4. Als "Verhaltensstörung delinquenter Art" ("sozialisierte Delinquenz") werden die Teilnahme an gemeinsamen Diebstählen, Kontakt zu anderen Delinquenten, Mitgliedschaft in Banden und häufiges Schulschwänzen zusammengefaßt. Diese Kategorie ließ sich vor allem unter straffällig gewordenen Jugendlichen und in Großstädten nachweisen. Die genannten Verhaltensmuster werden einerseits gewöhnlich in Gruppen ausgeübt, andererseits gewöhnlich durch Nachahmung und direkte Verstärkung erworben. Individuell-gewalttätige Formen der Delinquenz kündigen sich dagegen eher durch hohe Aggressivität an." (Hensle, 1994, S. 147)

Weiterführende Literaturempfehlung zum Thema „Verhaltensstörung“:

Ratgeber Aggressives Verhalten (Ratgeber Kinder- und Jugendpsychotherapie)

(F. Petermann, M. Döpfner, M. Schmidt, 2008)

Übersicht über die Erscheinungsformen, Ursachen, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten aggressiv-dissozialen Verhaltens. Für Eltern, Erzieher und Lehrer.

 

Autorität ohne Gewalt: Coaching für Eltern von Kindern mit Verhaltensproblemen. »Elterliche Präsenz« als systemisches Konzept

(H. Omer, A. von Schlippe, 2014)

Ein Handbuch mit hilfreichen Fallbeispielen, das Eltern bei der Rückgewinnung ihrer elterlichen Präsenz unterstützt.