Werkstättenverordnung Schwerbehindertengesetz (SchwbWV)

Dritte Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes

Vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1365), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1088).

 

Erster Abschnitt: Fachliche Anforderungen an die Werkstatt für Behinderte

§ 1 Grundsatz der einheitlichen Werkstatt

§ 2 Fachausschuß

§ 3 Eingangsverfahren

§ 4 Arbeitstrainingsbereich

§ 5 Arbeitsbereich

§ 6 Beschäftigungszeit

§ 7 Größe der Werkstatt

§ 8 Bauliche Gestaltung, Ausstattung, Standort

§ 9 Werkstattleiter, Fachpersonal zur Arbeits- und Berufsförderung

§ 10 Begleitende Dienste

§ 11 Fortbildung

§ 12 Wirtschaftsführung

§ 13 Abschluß von schriftlichen Verträgen

§ 14 Mitwirkung

§ 15 Werkstattverbund

§ 16 Formen der Werkstatt

 

Zweiter Abschnitt: Verfahren zur Anerkennung als Werkstatt für Behinderte

§ 17 Anerkennungsfähige Einrichtungen

§ 18 Antrag

 

Dritter Abschnitt: Schlußvorschriften

§ 19 Vorläufige Anerkennung

§ 20 Abweichende Regelungen für Werkstätten im Beitrittsgebiet

§ 21 Inkrafttreten

Auf Grund des § 57 Abs. 3 des Schwerbehindertengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1649) verordnet die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates:

1) Die Werkstättenverordnung ist im Gebiet der ehemaligen DDR mit folgender Maßgabe anzuwenden:

Die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts bestehenden, nach dem 1. Juli 1990 vorläufig anerkannten Werkstätten gelten als Werkstätten im Aufbau im Sinne des § 17 Abs. 3 dieser Verordnung.

Erster Abschnitt: Fachliche Anforderungen an die Werkstatt für Behinderte

§ 1

Grundsatz der einheitlichen Werkstatt

(1) Die Werkstatt für Behinderte (Werkstatt) hat zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sie die Behinderten im Sinne des § 54 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes aus ihrem Einzugsgebiet aufnehmen kann.

(2) Der unterschiedlichen Art der Behinderung und ihren Auswirkungen soll innerhalb der Werkstatt durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Bildung besonderer Gruppen im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich, Rechnung getragen werden.

§ 2

Fachausschuß

Bei jeder Werkstatt ist ein Fachausschuß zu bilden. Ihm gehören in gleicher Zahl an

1. Vertreter der Werkstatt,

2. Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit,

3. Vertreter des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe.

Kommt die Zuständigkeit eines anderen Sozialleistungsträgers zur Gewährung von berufsfördernden oder ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation in Betracht, soll der Fachausschuß zur Mitwirkung an der Stellungnahme auch Vertreter dieses Trägers hinzuziehen. Er kann auch andere Personen zur Beratung hinzuziehen und soll, soweit erforderlich, Sachverständige hören.

§ 3

Eingangsverfahren

(1) Die Werkstatt hat im Benehmen mit dem zuständigen Rehabilitationsträger und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe Eingangsverfahren durchzuführen. Aufgabe des Eingangsverfahrens ist es, in Zweifelsfällen festzustellen, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Eingliederung des Behinderten in das Arbeitsleben im Sinne des § 54 des Schwerbehindertengesetzes ist, sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche berufsfördernden und ergänzenden Maßnahmen zur Rehabilitation für den Behinderten in Betracht kommen.

(2) Das Eingangsverfahren soll in der Regel 4 Wochen dauern. Können im Einzelfall in dieser Zeit die notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden, so ist das Verfahren bis zur Dauer von 3 Monaten zu verlängern.

(3) Zum Abschluß des Eingangsverfahrens gibt der Fachausschuß auf Vorschlag des Trägers der Werkstatt und nach Anhörung des Behinderten, gegebenenfalls auch seines gesetzlichen Vertreters, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Persönlichkeit des Behinderten und seines Verhaltens während des Eingangsverfahrens, eine Stellungnahme gemäß Absatz 1 gegenüber dem zuständigen Sozialleistungsträger ab. Das Eingangsverfahren endet frühestens mit Ablauf des Tages, an dem die Werkstatt von der Entscheidung des zuständigen Sozialleistungsträgers Kenntnis erhält.

(4) Kommt der Fachausschuß zu dem Ergebnis, daß die Werkstatt für Behinderte nicht geeignet ist, soll er zugleich eine Empfehlung aussprechen, welche andere Einrichtung oder sonstige Maßnahmen für den Behinderten in Betracht kommen. Er soll sich auch dazu äußern, nach welcher Zeit eine Wiederholung des Eingangsverfahrens zweckmäßig ist und welche Maßnahmen in der Zwischenzeit durchgeführt werden sollen.

§ 4

Arbeitstrainingsbereich

(1) Die Werkstatt hat im Benehmen mit dem zuständigen Rehabilitationsträger und dem zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe berufsfördernde Bildungsmaßnahmen (Einzelmaßnahmen und Lehrgänge) zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten in das Arbeitsleben unter Einschluß angemessener Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit des Behinderten durchzuführen. Sie hat die Behinderten so zu fördern, daß sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen des Arbeitstrainingsbereichs in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 54

Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes zu erbringen.
(2) Das Angebot an berufsfördernden Maßnahmen soll möglichst breit sein, um Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit, Entwicklungsmöglichkeit sowie Eignung und Neigung der Behinderten soweit wie möglich Rechnung zu tragen.

(3) Die Lehrgänge sind in einen Grund- und einen Aufbaukurs von in der Regel je zwölfmonatiger Dauer zu gliedern.

(4) Im Grundkurs sollen Fertigkeiten und Grundkenntnisse verschiedener Arbeits-abläufe vermittelt werden, darunter manuelle Fertigkeiten im Umgang mit verschiedenen Werkstoffen und Werkzeugen und Grundkenntnisse über Werkstoffe und Werkzeuge. Zugleich sollen das Selbstwertgefühl des Behinderten und die Entwicklung des Sozial- und Arbeitsverhaltens gefördert sowie Schwerpunkte der Eignung und Neigung festgestellt werden.

(5) Im Aufbaukurs sollen Fertigkeiten mit höherem Schwierigkeitsgrad, insbesondere im Umgang mit Maschinen, und vertiefte Kenntnis über Werkstoffe und Werkzeuge vermittelt sowie die Fähigkeit zu größerer Ausdauer und Belastung und zur Umstellung auf unterschiedliche Beschäftigungen im Arbeitsbereich geübt werden.

(6) Rechtzeitig vor Beendigung einer berufsfördernden Bildungsmaßnahme hat der Fachausschuß gegenüber dem zuständigen Sozialleistungsträger eine Stellungnahme dazu abzugeben, ob

1. die Teilnahme an einer anderen oder weiterführenden berufsfördernden Bildungsmaßnahme oder

2. eine Wiederholung der Bildungsmaßnahme oder

3. eine Beschäftigung im Arbeitsbereich der Werkstatt oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

zweckmäßig erscheint. Dies gleiche gilt im Falle des vorzeitigen Abbruchs oder Wechsels der Bildungsmaßnahme sowie des Ausscheidens aus der Werkstatt. Im übrigen gilt § 3 Abs. 3 entsprechend.

§ 5

Arbeitsbereich

(1) Die Werkstatt soll über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen und Plätzen zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit verfügen, um Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit, Entwicklungsmöglichkeit sowie Eignung und Neigung der Behinderten soweit wie möglich Rechnung zu tragen.

(2) Die Arbeits- und Beschäftigungsplätze sollen in ihrer Ausstattung soweit wie möglich denjenigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen. Bei der Gestaltung der Plätze und der Arbeitsabläufe sind die besonderen Bedürfnisse der Behinderten soweit wie möglich zu berücksichtigen, um sie in die Lage zu versetzen, wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistungen zu erbringen. Die Erfordernisse zur Vorbereitung für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind zu beachten.

(3) Zur Erhaltung und Erhöhung der im Arbeitstrainingsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit des Behinderten sind arbeitsbegleitend geeignete Maßnahmen durchzuführen.

(4) Der Übergang von Behinderten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere auch durch eine zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen. Dabei hat die Werkstatt die notwendige arbeitsbegleitende Betreuung in der Übergangsphase sicherzustellen und darauf hinzuwirken, daß der zuständige Sozialleistungsträger seine Leistungen und nach dem Ausscheiden des Behinderten aus der Werkstatt die Hauptfürsorgestelle die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erbringen.

§ 6

Beschäftigungszeit

(1) Die Werkstatt hat sicherzustellen, daß die Behinderten im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich wenigstens 35 und höchstens 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden können. Die Stundenzahlen umfassen Erholungspausen und Zeiten der Teilnahme an Maßnahmen im Sinne des § 5 Abs. 3.

(2) Einzelnen Behinderten ist eine kürzere Beschäftigungszeit zu ermöglichen, wenn es wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig erscheint.

§ 7

Größe der Werkstatt

(1) Die Werkstatt soll in der Regel über mindestens 120 Plätze verfügen.

(2) Die Mindestzahl nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn der Werkstattverbund im Sinne des § 15, dem die Werkstatt angehört, über diese Zahl von Plätzen verfügt.

§ 8

Bauliche Gestaltung, Ausstattung, Standort

(1) Die bauliche Gestaltung und die Ausstattung der Werkstatt müssen der Aufgabenstellung der Werkstatt als einer Einrichtung zur Eingliederung Behinderter in das Arbeitsleben und den in § 54 des Schwerbehindertengesetzes und im Ersten Abschnitt dieser Verordnung gestellten Anforderungen Rechnung tragen. Die Erfordernisse des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung sowie zur Vermeidung baulicher und technischer Hindernisse sind zu beachten.

(2) Bei der Wahl des Standorts ist auf die Einbindung in die regionale Wirtschafts- und Beschäftigungsstruktur Rücksicht zu nehmen.

(3) Das Einzugsgebiet muß so bemessen sein, daß die Werkstatt für die Behinderten mit öffentlichen oder sonstigen Verkehrsmitteln in zumutbarer Zeit erreichbar ist.

(4) Die Werkstatt hat im Benehmen mit den zuständigen Sozialleistungsträgern, soweit erforderlich, einen Fahrdienst zu organisieren.

§ 9

Werkstattleiter, Fachpersonal zur Arbeits- und Berufsförderung

(1) Die Werkstatt muß über die Fachkräfte verfügen, die erforderlich sind, um ihre Aufgaben entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen der Behinderten, insbesondere unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer individuellen Förderung von Behinderten, erfüllen zu können.

(2) Der Werkstattleiter soll in der Regel über einen Fachhochschulabschluß im kaufmännischen oder technischen Bereich oder einen gleichwertigen Bildungsstand, über ausreichende Berufserfahrung und eine sonderpädagogische Zusatz-qualifikation verfügen. Entsprechende Berufsqualifikationen aus dem sozialen Be-reich reichen aus, wenn die zur Leitung einer Werkstatt erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im kaufmännischen und technischen Bereich anderweitig erworben worden sind. Die sonderpädagogische Zusatzqualifikation kann in angemessener Zeit durch Teilnahme geeigneter Fortbildungsmaßnahmen nachgeholt werden.

(3) Die Zahl der Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich richtet sich nach der Zahl und der Zusammensetzung der Behinderten sowie der Art der Beschäftigung und der technischen Ausstattung des Arbeitsbereichs. Das Zahlenverhältnis von Fachkräften zu Behinderten soll im Arbeitstrainingsbereich 1:6, im Arbeitsbereich 1:12 betragen. Die Fachkräfte sollen in der Regel Facharbeiter, Gesellen oder Meister mit einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung in Industrie oder Handwerk sein; sie müssen pädagogisch geeignet sein und über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügen. Entsprechende Berufsqualifikationen aus dem pädagogischen oder sozialen Bereich reichen aus, wenn die für eine Tätigkeit als Fachkraft erforderlichen sonstigen Kenntnisse und Fähigkeiten für den Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich anderweitig erworben worden sind. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Zur Durchführung des Eingangsverfahrens sollen Fachkräfte des Arbeitstrainingsbereichs und der begleitenden Dienste eingesetzt werden, sofern der zuständige Sozialleistungsträger keine höheren Anforderungen stellt.

§ 10

Begleitende Dienste

(1) Die Werkstatt muß zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der Behinderten über begleitende Dienste verfügen, die den Bedürfnissen der Behinderten gerecht werden. Eine erforderliche psychologische Betreuung ist sicherzustellen. § 9 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Für je 120 Behinderte sollen in der Regel ein Sozialpädagoge oder ein Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, darüber hinaus im Einvernehmen mit den zuständigen S ozialleistungsträgern pflegerische, therapeutische und nach Art und Schwere der Behinderung sonst erforderliche Fachkräfte.

(3) Die besondere ärztliche Betreuung der Behinderten in der Werkstatt und die medizinische Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt, der möglichst auch die an einen Betriebsarzt zu stellenden Anforderungen erfüllen soll, müssen vertraglich sichergestellt sein.

§ 11

Fortbildung

Die Werkstatt hat dem Fachpersonal nach den §§ 9 und 10 Gelegenheit zur Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen zu geben.

§ 12

Wirtschaftsführung

(1) Die Werkstatt muß nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen organisiert sein. Sie hat nach kaufmännischen Grundsätzen Bücher zu führen und eine Betriebsabrechnung in Form einer Kostenstellenrechnung zu erstellen. Sie soll einen Jahresabschluß erstellen. Zusätzlich sind das Arbeitsergebnis und seine Verwendung auszuweisen. Die Buchführung, die Betriebsabrechnung und der Jahresabschluß einschließlich der Ermittlung des Arbeitsergebnisses und seiner Verwendung sind in angemessenen Zeitabständen in der Regel von einer Person zu prüfen, die als Prüfer bei durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Prüfungen des Jahresabschlusses (Abschlußprüfer) juristischer Personen zugelassen ist. Weitergehende handelsrechtliche und abweichende haushaltsrechtliche Vorschriften über Rechnungs-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sowie Prüfungspflichten bleiben unberührt. Über den zu verwendenden Kontenrahmen, die Gliederung des Jahresabschlusses, die Kostenstellenrechnung und die Zeit-abstände zwischen den Prüfungen der Rechnungslegung ist mit den zuständigen Sozialleistungsträgern Einvernehmen herzustellen.

(2) Die Werkstatt muß über einen Organisations- und Stellenplan mit einer Funktionsbeschreibung des Personals verfügen.

(3) Die Werkstatt muß wirtschaftliche Arbeitsergebnisse anstreben, um an die im Arbeitsbereich beschäftigten Behinderten ein ihrem Leistungsvermögen möglichst angemessenes Arbeitsentgelt im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Schwerbehin-dertengesetzes zahlen zu können.

(4) Arbeitsergebnis im Sinne des § 54b des Schwerbehindertengesetzes und der Vorschriften dieser Verordnung ist die Differenz aus den Erträgen und den not-wendigen Kosten des laufenden Betriebs der Werkstatt. Die Erträge setzen sich zusammen aus den Umsatzerlösen, Zins- und sonstigen Erträgen aus der wirt-schaftlichen Tätigkeit und den von den Sozialleistungsträgern erbrachten Kostensätzen. Zu den notwendigen Kosten des laufenden Betriebs zählen nicht die Kosten für die Arbeitsentgelte nach § 54b Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes.

(5) Das Arbeitsergebnis darf nur für Zwecke der Werkstatt verwendet werden, und zwar für

1. die Zahlung der Arbeitsentgelte nach § 54b Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes, in der Regel im Umfang von mindestens 70 vom Hundert des Arbeitsergebnisses,

2. die Bildung einer zum Ausgleich von Ertragsschwankungen notwendigen Rücklage, höchstens eines Betrages, der zur Zahlung der Arbeitsentgelte nach § 54b des Schwerbehindertengesetzes für drei Monate erforderlich ist,

3. Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen in der Werkstatt, soweit diese Kosten nicht aus den Rücklagen auf Grund von Abschreibung des Anlagevermögens für solche Investitionen, aus Leistungen der Sozialleistungsträger oder aus sonstigen Einnahmen zu decken sind oder gedeckt werden. Kosten für die Schaffung und Ausstattung neuer Werk- und Wohnstättenplätze dürfen aus dem Arbeitsergebnis nicht bestritten werden.

Abweichende handelsrechtliche Vorschriften über die Bildung von Rücklagen bleiben unberührt.

§ 13

Abschluß von schriftlichen Verträgen

(1) Die Werkstätten haben den im Arbeitstrainings- oder Arbeitsbereich beschäftigten Behinderten, soweit auf sie die für einen Berufsausbildungsvertrag, einen Vertrag im Sinne des § 19 des Berufsbildungsgesetzes oder einen Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze nicht anwendbar sind, den Abschluß schriftlicher Verträge anzubieten, in denen das besondere Rechtsverhältnis zwischen der Werkstatt und dem Behinderten näher geregelt wird. Die Vereinbarungen bedürfen der vorherigen Zustimmung der zuständigen Sozialleistungsträger.

(2) In den Verträgen nach Absatz 1 ist auch die Zahlung des Arbeitsentgelts im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 und § 54b des Schwerbehindertengesetzes an die im Arbeitsbereich beschäftigten Behinderten aus dem Arbeitsergebnis näher zu regeln.

§ 14

Mitwirkung

Die Werkstatt hat den Behinderten im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 eine ange-messene Mitwirkung in den ihre Interessen berührenden Angelegenheiten der Werkstatt nach § 54c des Schwerbehindertengesetzes zu ermöglichen.

§ 15

Werkstattverbund

(1) Mehrere Werkstätten desselben Trägers oder verschiedener Träger innerhalb eines Einzugsgebietes im Sinne des § 8 Abs. 3 oder mit räumlich zusammenhängenden Einzugsgebieten können zur Erfüllung der Aufgaben einer Werkstatt und der an sie gestellten Anforderungen eine Zusammenarbeit vertraglich vereinbaren (Werkstattverbund).

(2) Ein Werkstattverbund ist anzustreben, wenn im Einzugsgebiet einer Werkstatt zusätzlich eine besondere Werkstatt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 für Behinderte mit einer bestimmten Art der Behinderung vorhanden ist.

§ 16

Formen der Werkstatt

Die Werkstatt kann eine teilstationäre Einrichtung oder ein organisatorisch selbständiger Teil einer stationären Einrichtung (Anstalt, Heim oder gleichartige Einrichtung) oder eines Unternehmens sein.

Zweiter Abschnitt: Verfahren zur Anerkennung als Werkstatt für Behinderte

§ 17

Anerkennungsfähige Einrichtungen

(1) Als Werkstätten können nur solche Einrichtungen anerkannt werden, die die im § 54 des Schwerbehindertengesetzes und im Ersten Abschnitt dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllen. Von Anforderungen, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, sind Ausnahmen zuzulassen, wenn ein besonderer sachlicher Grund im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigt.

(2) Als Werkstätten können auch solche Einrichtungen anerkannt werden, die Teil eines Werkstattverbundes sind und die Anforderungen nach Absatz 1 nicht voll erfüllen, wenn der Werkstattverbund die Anforderungen erfüllt.

(3) Werkstätten im Aufbau, die die Anforderungen nach Absatz 1 noch nicht voll erfüllen, aber bereit und in der Lage sind die Anforderungen in einer vertretbaren Anlaufzeit zu erfüllen, können unter Auflagen befristet anerkannt werden.

Abweichend von § 7 genügt es, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung wenigstens 60 Plätze vorhanden sind, sofern gewährleistet ist, daß die Werkstatt im Endausbau, spätestens nach 5 Jahren, die Voraussetzungen des § 7 erfüllt.

§ 18

Antrag

(1) Die Anerkennung ist vom Träger der Werkstatt schriftlich zu beantragen. Der Antragsteller hat nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen.

(2) Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit kann die Befugnis nach § 57

Abs. 1 Satz 2 des Schwerbehindertengesetzes zur Entscheidung über Anträge auf Anerkennung sowie über Aufhebung und Verlängerung von Befristungen der Anerkennung sowie Widerruf und Rücknahme der Anerkennung nach einer Übergangszeit von 3 Jahren auf die Präsidenten der Landesarbeitsämter übertragen.
(3) Die Entscheidung über den Antrag bedarf der Schriftform. Eine Entscheidung soll innerhalb von 3 Monaten seit Antragstellung getroffen werden.

(4) Die Anerkennung erfolgt mit der Auflage, im Geschäftsverkehr auf die Anerkennung als Werkstatt für Behinderte hinzuweisen.

Dritter Abschnitt: Schlußvorschriften

§ 19

Vorläufige Anerkennung

Vorläufige Anerkennungen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung von der Bundesanstalt für Arbeit ausgesprochen worden sind, behalten ihre Wirkung bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den neuen Antrag auf Anerkennung, wenn dieser Antrag innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung gestellt wird.

§ 20

Abweichende Regelungen für Werkstätten im Beitrittsgebiet

Für Werkstätten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet gilt diese Verordnung mit folgender Abweichung:

1. Die Vorschriften des § 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 5 gelten für die von dem Bundesland für die Aufgabenerfüllung in dem betreffenden Einzugsgebiet vorgesehene Werkstatt (Werkstatt des Einzugsgebietes) mit der Maßgabe, daß der Werkstattleiter und wenigstens ein Drittel der Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung bis zum 31. Dezember 1995, ein weiteres Drittel bis zum 31. Dezember 1998 und das letzte Drittel spätestens bis zum 31. Dezember 2001 über die sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügen müssen.

2. Die sonderpädagogische Zusatzqualifikation nach § 9 Abs. 2 und 3 braucht nicht nachgeholt zu werden von Personen, die vor dem 1. Januar 1993

a) das 50. Lebensjahr vollendet haben und

b) zehn Jahre in einer Werkstatt für Behinderte oder einer anderen Einrichtung für Behinderte in entsprechender Funktion tätig waren.

3. § 17 ist mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

a) Werkstätten, die in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1992 unter Auflagen befristet bis zum 31. Dezember 1992 anerkannt worden sind, bleiben bis zum 30. Juni 1993 vorläufig anerkannt, wenn der Antrag auf Verlängerung der Anerkennung und Darlegung, inwieweit die Anforderungen und erteilten Auflagen inzwischen erfüllt werden, spätestens bis zum 31. Dezember 1992 gestellt wird und über diesen Antrag vor dem 30. Juni 1993 nicht unanfechtbar entschieden worden ist.

b) Werkstätten im Sinne des Buchstabens a können, auch wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 nicht erfüllt werden, über den 30. Juni 1993 hinaus vorübergehend unter Auflagen befristet anerkannt werden, bis die von dem Bundesland für die Aufgabenerfüllung in dem betreffenden Einzugsgebiet vorgesehene anerkannte Werkstatt (Werkstatt des Einzugsgebietes) die Behinderten der vorübergehend anerkannten Werkstatt voraussichtlich aufnehmen kann, längstens aber bis zum 30. Juni 1995. Durch die Auflagen ist sicherzustellen, daß die in § 54 des Schwerbehindertengesetzes und im Ersten Abschnitt dieser Verordnung gestellten Anforderungen soweit wie in der Übergangszeit möglich und wirtschaftlich vertretbar erfüllt werden.

c) Werkstätten im Sinne des Buchstabens a, die nach Buchstabe b vorübergehend anerkannt worden sind, können über den 30. Juni 1995 hinaus um jeweils ein weiteres Jahr vorläufig anerkannt werden, wenn die Werkstatt des Einzugsgebietes die Behinderten der vorübergehend anerkannten Werkstatt zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufnehmen kann.

d) Bei der Verlängerung der Anerkennung von Werkstätten im Sinne des Buchstabens a nach § 17 Abs. 3 rechnet die in dem dortigen Satz 2 bestimmte Fünfjahresfrist vom Erlaß der Entscheidung über den Verlängerungsantrag an.

§ 21

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.