Hippotherapie - Reiten für behinderte Menschen

Pferde sind seit jeher ein treuer Wegbegleiter des Menschen. Für Menschen mit Behinderung kann eine Therapie mit Pferden nicht nur einen förderlicher Effekt auf körperliche Funktionen haben, sondern ihr wird auch eine positive und motivierende Wirkung auf die Psyche nachgesagt.

Was ist therapeutisches Reiten?

Man unterscheidet beim therapeutischen Reiten vier verschiedene Fachbereiche:

  • Hippotherapie
  • Reiten als Sport für Menschen mit Behinderungen
  • Heilpädagogische Behandlung mit Pferd
  • Ergotherapeutische Behandlung mit Pferd

Was ist Hippotherapie?

Im Folgenden wird die Hippotherapie für behinderte Menschen näher betrachtet. Eine Reittherapie wird meist ergänzend zu anderen physiotherapeutischen Maßnahmen ärztlich verschrieben und von speziell ausgebildeten Physiotherapeuten bzw. Hippotherapeuten durchgeführt. Das Therapiereiten mit speziell ausgebildeten Pferden soll Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit zentralen Bewegungsstörungen helfen ihre Motorik weiter zu entwickeln. Hierzu wurden mittlerweile verschiedene Ausrichtungen des Therapiereitens entwickelt. Physiotherapeuten oder Krankengymnasten, die sich in einer Weiterbildung zum Pferdetherapeut zusätzlich qualifiziert haben, leiten und begleiten die Behandlungen.

Als Therapiepferde werden besonders häufig kleine Tiere wie Isländer oder Ponys eigesetzt, da deren Schrittfrequenz sehr ähnlich zu der des Menschen ist. Das Tier sollte besonders ruhig und ausgeglichen in seinem Wesen sein, sodass sich die Gelassenheit, Stärke und Ruhe auch auf den Patienten positiv auswirken kann.

Wer hat die Hippotherapie-K erfunden?

Die Pferdetherapie „Hippotherapie-K“ wurde in den 1960er Jahren Ursula Künzle entwickelt. Die passionierte Reiterin war Physiotherapeutin von Beruf und setzte das Pferd erstmalig gezielt als Hilfsmittel in der Physiotherapie von behinderten Menschen ein. Als Grundlage ihrer Erkenntnisse dienten die Prinzipien der funktionellen Bewegungslehre nach Klein-Vogelbach sowie des Bobath-Konzepts.

Reittherapie für behinderte Menschen – Für wen ist Hippotherapie sinnvoll?

Generell werden bei der Hippotherapie physiotherapeutische Behandlungen von zentralen Bewegungsstörungen durchgeführt, die beim Patienten entweder von Geburt an vorliegen oder nachträglich erworben wurden.

Durch manche Behinderungen wird die Bewegungsfähigkeit eingeschränkt,  es kommt zu Muskelschwund oder zu Verkrampfungen. Ein Therapiepferd und ein Reittherapeut oder eine Reittherapeutin können Betroffenen zu mehr Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit mit der neurophysiologischen Behandlung auf dem Pferderücken verhelfen.

Vor Allem bei Spastik und Paresen, MS, Zerebralparese, Ataxie, Querschnittslähmung, Schädel-Hirn-Traumata, Hemiparese oder Paraplegie kann die Hippotherapie zu einer Verbesserung der Bewegungs- und Koordinationsfähigkeit führen. Eine Förderung ist auch bei starken Bewegungseinschränkungen wie etwa von Rollstuhlfahrern möglich und findet in der Praxis oft Anwendung. Allerdings kann nicht bei jedem Patienten von einem garantierten, heilenden Effekt ausgegangen werden. Die Therapie sollte immer durch einen ärztlichen Befund verordnet worden sein und individuell auf den Patienten zugeschnitten werden.

Falls Sie sich näher über heilpädagogisches Reiten und Hippotherapie informieren möchten, empfiehlt es sich auch einen Blick in das Buch
Therapieren mit Pferden: Heilpädagogisches Reiten - Hippotherapie - Psychiatrie

Die Wirkung der Reittherapie

Durch dreidimensionale Schwingungen, die die behinderten Kinder und Erwachsenen auf dem Pferderücken wahrnehmen, werden Verspannungen gelöst und Blockaden überwunden. Das Körpergefühl, die Selbsteinschätzung und Wahrnehmung des Patienten werden so positiv beeinflusst. Weitere Kräfte bei der Beschleunigung und beim Bremsen wirken auf den Körper ein und stärken langfristig die Muskulatur. Es werden verschiedenste Muskelgruppen beansprucht und die Kondition verbessert. Gleichzeitig werden die Konzentrationsfähigkeit und der Gleichgewichtssinn gefördert.

Die Therapie mit Pferden sollte in regelmäßigen Abständen stattfindet und auf die individuellen Fähigkeiten und Voraussetzungen der Menschen mit Handicap abgestimmt werden. Keinesfalls darf eine Überbelastung stattfinden, weshalb in der Regel die Dauer der Hippotherapie-Übungen zwischen 30 und 60 Minuten je nach Leistungsfähigkeit variieren kann.

Die Bewegungsimpulse, die vom Pferd ausgehen, werden auf Becken und Wirbelsäule übertragen und fordern den Patienten dazu auf, mit dem eigenen Körper zu reagieren und ihnen entgegenzuwirken. Die Rumpfmuskulatur wird mobilisiert und die Haltung der Wirbelsäule verbessert. Auch die Nähe zu den Tieren kann Motivation schaffen und das Selbstvertrauen positiv beeinflussen.

Wer trägt die Hippotherapie-Kosten?

Viele Betroffene und Angehörige fragen sich natürlich nach der Kostenübernahme einer Reittherapie. Fakt ist allerdings: In Deutschland müssen die Kosten für eine Pferde-Therapie nicht von den Krankenkassen finanziert werden wie beispielsweise in der Schweiz.

Da laut Bundesministerium für Gesundheit ein therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen werden kann, wird die Hippotherapie als nicht zu förderndes Heilmittel angesehen. Eine Reittherapie-Kostenübernahme ist demnach nur in gewissen Fällen möglich, beispielsweise werden die Kosten für eine Hippotherapie bei MS Patienten von den Krankenkassen übernommen. Auch infantile Zerebralparese Patienten erhalten Unterstützung bei der Pferdetherapie Finanzierung. Einige Reitvereine werden von privaten Spenden unterstützt, die teilweise die Kosten für Hippotherapie abdecken oder vergünstigte Beiträge je Reiteinheit ermöglichen.

Deutsches Kuratorium für Therapeutisches Reiten e.V. (DKThR)

Das Kuratorium therapeutisches Reiten ist der bundesweit agierende Fachverband für therapeutisches Reiten in Deutschland mit Sitz in Warendorf. Der Verein für therapeutisches Reiten übernimmt seit seiner Gründung vor über 40 Jahren verschiedene wichtige Aufgaben und ist die wichtigste Anlaufstelle für alle Themen und Fragen rund um das Thema „Therapeutisches Reiten“.

Die Deutsche Gruppe für Hippotherapie e.V. (DGH) betreut ebenso wie das Kuratorium die Ausbildung zum Pferdetherapeuten sowie die Weiterbildung von Physiotherapeuten in der Hippotherapie. Eine generelle Förderung der Bekanntheit, Anerkennung und Qualitätssicherung obliegt dem Verantwortungsspektrum der Vereine.

Verein für therapeutisches Reiten und Reiturlaub für Behinderte finden

Eine geeignete Therapiestelle nach Postleitzahl zu finden, ist dank dem Reittherapie-Finder der Deutschen Gruppe für Hippotherapie e.V. leicht möglich.

Auch gibt es viele tolle Angebote für Reiterferien für behinderte Kinder auf integrativen Reiterhöfen im Internet, die garantiert den nächsten Urlaub zu einem unvergesslichen und gleichzeitig fördernden Erlebnis machen.